C. Das Transportsystem Luftschiff
C.1. Wirtschaftlichkeit
Die Flugleistungen wie Flugdauer, Reichweite sowie die Nutzlastkapazitäten der
Luftschiffe übertrafen die der Flugzeuge am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts
um ein vielfaches. Die Entwicklung der Aerodynamen wurde wahrscheinlich vor
allem durch deren militärische Bedeutung besonders gefördert. Am Ende des ersten
Weltkrieges wurden die Luftschiffe in den Leistungen Geschwindigkeit und Flughöhe
durch Kampfflugzeuge eingeholt und boten ein großes und träges Ziel. Die wirtschaftliche
Nutzung der Luftschiffe hatte in den zwanziger und dreiziger Jahren dieses Jahrhunderts
ihren Höhepunkt: Expeditionen, transozeanischer Post- und Passagierverkehr sowie
Reklameflüge mit Lichtwerbung verursachten gut über eine Million Flugkilometer.
Die direkten Betriebskosten können für Transporte von A nach B in Kosten pro
Transportarbeit [DM / t km], [DM / Pax km], für touristische Zwecke in Kosten
pro Zeit und Passagier [DM / Pax h] oder für Werbung und Beobachtung in Kosten
pro Zeit [DM / h] verglichen werden. Die Transportarbeit [t km] ergibt sich
aus der jeweiligen Nutzmasse mal der zurückgelegten Strecke. Die Transportleistung
entspricht der Transportarbeit pro Zeit [t km / h] also der effektiven Nutzmasse
mal der effektiven Geschwindigkeit. Die theoretische Transportleistung, die
theoretische Produktivität, setzt sich aus maximaler Nutzmasse und Designgeschwindigkeit
zusammen. Die Transportleistungen der langsamen Luftschiffe wurden von den Flugzeugen
im zweiten Weltkrieg überholt. Heutige Großraumflugzeuge übertreffen die Transportleistungen
der Luftschiffe um ein
mehrfaches:
LFZ-TYP | max.Nutzl. | Vreise | Produktivität |
Bodensee | 10 | 132 | 1320 |
LZ-127 | 15 | 110 | 1650 |
Cargolifter | 160 | 90 | 14400 |
Transall | 16 | 500 | 8000 |
DC10 | 40 | 842 | 33680 |
B747-230B | 53,8 | 842 | 45299 |
B747Fracht | 105 | 842 | 88410 |
Der Transportgütegrad setzt die Produktivität
zur verbrauchten Energie ins Verhältnis: Transportarbeit pro Bremsleistung.
In diesem Vergleichskriterium sind Luftschiffe den heutigen Verkehrsflugzeugen
ebenbürtig oder sogar überlegen. Luftschiffe haben im Gegensatz zu Flugzeugen
keine Mindestgeschwindigkeit. Die erforderliche Leistung beim Langsamflug nimmt
nicht, wie beim Starrflügler oder Drehflügler zu - sie nimmt ab. Die Reisegeschwindigkeit
und damit auch die Transportgüte läßt sich je nach Flugaufgabe in einem weiten
Bereich variieren.
C.2. Einsatzzuverlässigkeit und Utilisation Der intelligente Einsatz
von Luftschiffen kann durch Häufigkeit und Dauer von Leerfahrten, der Utilisation
(Stunden / Jahr), der Auslastung sowie durch Mehrfachnutzen (z.B.: Passagierrundflug
und Verkehrsüberwachung und Werbung) gemessen werden. Die Einsatzzuverlässigkeit
sowie die Utilisation eines Luftschiffes hängt im starken Maße vom Wetter ab.
Bei starker Thermik, starkem Wind oder gar Gewitter ist ein Luftschiff einem
Flugzeug oder Hubschrauber unterlegen. Die mäßige Eigengeschwindigkeit macht
ein Umgehen des Wetters oder ein Gegenhalten schwierig. Andererseits kann das
kluge Ausnutzen von Windsystemen viel Energie sparen. Die flugmeteorologische
Beratung für Luftschiffe oder Gasballone braucht großräumigere und längerfristige
Prognosen zur Flugvorbereitung oder Planung des weiteren Flugverlaufes als dies
für Flugzeuge heute üblich ist.
C.3. Verkehrsicherheit Bei Sichtflugbedingungen wird ein Luftschiff aufgrund
seiner Größe und seiner mäßigen Geschwindigkeit jedem anderen Luftraumbenutzer
früh auffallen und genügend Zeit für Ausweich- oder Überholmanöver lassen. Ein
Vorteil ist die nicht vorhandene Mindestgeschwindigkeit. Aerostatisch ausgewogene
Luftschiffe werden selbst nach Ausfall aller Motoren und aerodynamischen Steuerungseinrichtungen
nur langsam sinken und wie ein unkontrollierter Freiballon mit der jeweiligen
Bodenwindgeschwindigkeit eine Notlandung und gegebenenfalls am Boden eine längere
Schleiffahrt machen. Bei einer unkontrollierten Freiballonlandung, also nach
Ausfall aller Steuerungsmöglichkeiten, schätzt man mit einer über 80%igen Überlebenschance
für die Passagiere. Bei Flugzeugen und Hubschraubern ist bei einem Totalausfall
der Steuerung und des Antriebes die Überlebens- wahrscheinlichkeit fast Null.
Luftschiffe werden sich je nach Bauart und Größe zwischen den beiden Extremen
befinden.
C.4. Luftschiff und Umwelt Luftschiffe bieten durch ihre physikalischen
Gegebenheiten ein großes Potential für Lärmminderung. Die langsame Fluggeschwindigkeit
sowie die großen Volumina ermöglichen Lärmkapselung und große, langsamrotierende
Propeller einzusetzen. Bei der Verbrennung von fossilen Energievorräten entstehen
als giftige Schadstoffe Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Ruß
und Stickstoffoxide. Kohlendioxid soll durch Klimaveränderung als Schadstoff
wirken. Auch der Einbringungsort der Schadstoffe ist von Bedeutung. Die Schadstoffbelastung
der Tropopause und der Stratosphäre durch Verkehrsflugzeuge ist weiterhin Diskussionsthema.
Transportluftschiffe werden, um allzu große Ballonetts zu vermeiden, nur für
die Überwindung von wenigen tausend Höhenmetern konstruiert. Die Abgase werden
also in die Troposphäre eingebracht. Da beim Luftschiff das Gewicht und weniger
das Volumen des Energievorrats kritisch ist sind Alternativen zum Erdöl zahlreich
(z.B. Erdgas, Methan,...).
C.5. Infrastruktur Luftschiffe bedienen sich weitgehend der Infrastruktur,
die für Flugzeuge vorgehalten wird. Auch wenn die heutigen Luftschiffe alle
nach Sichtflugregeln (VFR oder NightVFR) fliegen, ist ein Verkehr bei schlechteren
Sichten unterhalb der Limits denkbar und gegebenenfalls ökonomisch sinvoll.
Der Instrumentenflug von Luftschiffen müßte jedoch nach anderen, noch zu entwickelnden,
Regeln und Verfahren durchgeführt werden. Das Abfliegen von starren Airways
würde nicht nur die schnelleren Flugzeuge behindern. Die zum Wettergeschehen
optimale Route, Geschwindigkeit und Flughöhe könnte sich bei langen Reisezeiten
öfter ändern. Mehrere Änderungen des Flugplanes während des Fluges wären die
Folge. Der Landschaftsverbrauch durch Luftschiffe ist im Vergleich zu Flugzeugen
geringer. Die Flugplatz-Infrastruktur für Luftschiffe benötigt zwar keine langen
Landebahnen - große Werfthallen und Ankermasten mit Schwojeradien brauchen aber
ihre Flächen. Auch die Versiegelung von Oberflächen durch Beton oder Asphalt
wird sich auf Luftschifflandeplätzen in Grenzen halten. Es werden nur Fahrwege
für fahrbare Ankermasten sowie für Versorgungsfahrzeuge und den Nutzlasttransport
benötigt. Die Fahrwege müssen nicht die Gesamtmasse der Luftschiffe tragen.
So sind mit fahrbaren Ankermasten auch Außenlandungen durchführbar. Das Lastabsetz-
und Lastaufnahmesystem des Cargolifters soll mit noch weniger Infrastruktur
auskommen. Mehrere Bodenanker und ausreichend vorrätiges Ballastwasser sollen
genügen. So soll ein Punkt-zu-Punkt-Transport von schweren, sperrigen Gütern
möglich werden.
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